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AutorenbildJonas Höpfner

Positive Vibes

Max lief auf mich zu und gab mir die Hand. „Sorry, dass du warten musstest, Bratello. Es gab da ein bisschen durcheinander.“ Ich winkte ab. „Alles gut. Kein Problem.“

Wir gingen auf die schwere hellblaue Metalltür zu, die uns von einem freundlichen dreinschauenden jungen Mann geöffnet wurde. „Hey, cooles Shirt. Ich bin Fabi.“ Der Satz mit dem T-Shirt spielte darauf an, dass Fabi, genau wie ich, ein Shirt von Highkuna-Matata trug.


Drinnen angekommen begrüßten mich noch weitere Leute, vermutlich keiner über 35 dabei. Alle trugen dem Genre entsprechende Klamotten und fast alle trugen ein Basecap. Nachdem mir jeder einen Handschlag und Schultercheck als Begrüßungsgeste erteilt hatte, gingen wir weiter in den dritten Stock. Hier war bereits einiges an Licht- und Ton-Equipment aufgebaut. Und auch hier wurde ich von vielen neuen Gesichtern begrüßt. Danach machten sich Max und noch drei weitere Jungs daran, ihre DJ-Pulte herzurichten.


Die Location hatte einen gewissen Charme: Kalte Betonwände, ein von der Decke hängendes "Dach", innen verziert mit Stuck und orangen Glühbirnen – so eine Art Designerlampe. Das violette Licht aus zwei Strahlern tauchte den gesamten Raum in eine leicht mystische Atmosphäre.

„Oben steht sogar 'ne Jesus Statue und Kirchenbänke. Willst du dir das mal anschauen?“ Fabi schien mir meine Begeisterung für diesen Veranstaltungsort anzusehen, als er neben mir aufgetaucht war.


„Klar, wieso nicht?“ Ich ging ihm hinterher, eine weitere hölzerne Wendeltreppe hinauf in das Dachgeschoss. Und tatsächlich: hinter einer großen beleuchteten Theke stand eine pink angestrahlte Jesus Statue mit Rosenkranz und allem, was dazu gehört. Gegenüber von der Theke reihten sich knapp 20 alte hölzerne Kirchenbänke auf, bezogen mit den Original-Polstern. Es wirkte wirklich, wie eine Kirche, aber heute war es wohl eher eine Partykirche. Etwas befremdlich fand ich allerdings, dass man sogar die Kirchengemälde an den Wänden im Hintergrund belassen hatte. Das machte jedoch nur noch deutlicher, dass es wirklich mal eine Kirche im Dachgeschoss dieses Hauses gegeben haben musste. „Krass.“ Mehr brachte ich nicht heraus. Wir gingen wieder nach unten, wo gerade die Soundchecks durchgeführt wurden.


Die Location ist das Dough House in Frankfurt am Main


Einige Stunden später hatte sich der Club gefüllt, es wurde getanzt, gesungen, getrunken und geraucht. Die Bässe hämmerten, die Beats schepperten und die Rhymes flowten aus den großen schwarzen Boxen. Zwischendrin gab es live Auftritte von den Jungs, die zuvor ihre Pulte eingerichtet hatten. Sie hüpften auf die Boxen oder eine Empore, das Mikrofon in der Hand und heizten den Feiernden ordentlich ein. Auch wenn ich nicht gerade der Partygänger bin, gefiel mir die gesamte Situation als Schriftsteller umso mehr: Ich war hier in einer völlig anderen Welt gelandet – energisch, aber nicht feindselig. Menschen die tanzen, ihr Leben feiern und einfach die Musik und das Gefühl genießen.


Plötzlich legte sich eine Hand auf meine Schulter und riss mich aus meinen Gedanken. "Hey Jonas, alles gut bei dir? Hast du Spaß?" Mit einem freundlich Lächeln war Max hinter mir erschienen. Er strahlte durch die dunkle Masse aus sich bewegenden Körpern mit seinem schneeweißen Shirt. "Es tut mir echt leid, dass ich nicht so viel Zeit für dich habe, aber ich hoffe die Party gefällt dir trotzdem. Sag noch mal Bescheid, bevor du gehst." Er nickte mir wohlwollend zu und deutete auf das DJ-Pult. "Oder du kommst gleich mit vor und feierst vorne mit uns ab. Denk dran, du bist Fam, Bratello."


Ich kann nicht wirklich sagen, was es ist, doch dieser junge Mann strahlt eine unbefangene Freundlichkeit aus und steckt jeden an, der in diese Aura eintaucht. Sind das etwa diese "positive Vibes"? Oft habe ich diese Worte schon gehört und unzählige Erklärungen dazu erhalten, doch ich hatte bislang keine davon wirklich verstehen können. Wie man Liebe oder Trauer nicht erklären, sondern nur erfahren kann, so scheint es auch mit diesen Vibes zu sein. Eine Art von spürbarer Akzeptanz, Euphorie und ein Gefühl von Sorglosigkeit.


Das war also mit dem „High“ in Highkuna Matata gemeint: positive Vibes, wie eine Art Cannabis-Rausch ohne Kräuter und Rauch, nur das pure Gefühl von Freundlichkeit, guter Laune und Energie.


"Highkuna Matata, Baby!" hallte es über den Dance Floor, als Max das Pult betrat. Ich blieb noch eine Zeit mit vorne bei ihm und den anderen DJs und feierte, was das Zeug hielt – sehr untypisch für mich, aber an diesem Abend unvermeidbar.


Hier ein kurzer Ausschnitt, um die Stimmung zu beschreiben (Max am Pult)



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